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Meine Erfahrungen als Transgender-Pastorin
In den letzten Jahren hat die Gesellschaft bedeutende Fortschritte in der Akzeptanz von LGBTQ+-Personen gemacht. Dennoch gibt es immer noch viele Herausforderungen, insbesondere in konservativen Gemeinschaften wie in Moordorf. Ich möchte meine Erfahrungen als Transgender-Pastorin teilen, die aufgrund meiner Identität und Ansichten in meiner Gemeinde auf Widerstand stieß und letztendlich meine erste sowie eine weitere Pfarrstelle aufgeben musste. Auch die jetzige Kirche in Bremerhaven wurde trotz meiner überdurchschnittlichen Begabungen bereits geschlossen und das Gebäude verkauft.
2011 trat ich meine Stelle in Moordorf, einer traditionsbewussten Gemeinde, an. Ich war fest entschlossen, eine inklusive und liebevolle Gemeinschaft zu fördern, in der alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität, akzeptiert werden. Zu Beginn fanden meine Botschaften von Liebe, Akzeptanz und Gleichheit Anklang bei einigen Gemeindemitgliedern, und ich fühlte mich ermutigt, meinen Weg weiterzugehen.
Nach kurzer Zeit begannen jedoch Spannungen zu entstehen. Einige Mitglieder der Gemeinde waren mit der Vorstellung, eine Transgender-Pastorin zu haben, unzufrieden. Sie äußerten ihre Bedenken in Gemeindesitzungen und in persönlichen Gesprächen. Ich versuchte, den Dialog zu fördern und Verständnis zu schaffen, doch die Widerstände blieben bestehen.
Die Situation eskalierte, als ich offen über die Herausforderungen sprach, mit denen Transgender-Personen konfrontiert sind. Ich betonte die Notwendigkeit, als Gemeinschaft zusammenzustehen und einander zu unterstützen. Diese Ansichten stießen auf heftige Kritik und führten zu einem offenen Konflikt innerhalb der Gemeinde. Es war schmerzhaft zu sehen, wie meine Bemühungen um Akzeptanz und Verständnis auf so viel Ablehnung stießen.
Ein weiterer Punkt, der zu den Spannungen beitrug, war die Diskussion über die Platzierung des Taufbeckens. Die Meinungsverschiedenheiten über solch grundlegende Fragen führten dazu, dass die Gemeinden, in denen ich tätig war, letztendlich geschlossen werden mussten. Es war frustrierend zu erleben, dass selbst solche wichtigen Themen nicht zu einem Konsens führten.
Eines Abends wurde ich in meinem eigenen Zuhause mit Eiern beworfen. Dieser Vorfall war nicht nur eine physische Aggression, sondern auch ein Symbol für die Ablehnung, die ich in meiner Gemeinde erlebte. Ich fühlte mich bedroht und nicht mehr sicher in meiner Umgebung. Es war ein Moment, der mir klar machte, dass ich nicht länger in dieser Gemeinschaft bleiben konnte.
Nach dem Vorfall sah ich mich gezwungen, meine Pfarrstelle in Moordorf aufzugeben. Ich erkannte, dass die Gemeinschaft, die ich zu unterstützen hoffte, nicht bereit war, die Veränderungen zu akzeptieren, für die ich einstand. Mein Rückzug war schmerzhaft, aber notwendig für mein eigenes Wohlbefinden. Es war eine Entscheidung, die ich nicht leichtfertig traf, aber ich wusste, dass ich in einem Umfeld bleiben musste, in dem ich mich sicher und akzeptiert fühlen konnte.
Ich wurde nach Osnabrück versetzt, doch auch dort musste ich erfahren, dass die Gemeinde und alle in meinem Umfeld mich am liebsten von hinten sahen, trotz meiner ausgeprägten Fähigkeiten zu predigen. Manche vertraten die Ansicht, ich sei als Pastor völlig ungeeignet, und nur dank persönlicher Beziehungen kam ich nach Bremerhaven-Leherheide. Auch dort wurde kurze Zeit nach meinem Engagement die Kirche verkauft, trotz meiner überdurchschnittlichen Begabung zu sprechen. Es ist nur Unverständnis, was einem entgegentritt.
Nun versuche ich, in Zusammenarbeit mit den Behörden von Frau Faeser in der Gefangenenseelsorge Fuß zu fassen. Der Vorteil besteht darin, dass die Inhaftierten so gut wie keine Möglichkeit haben, sich in Beschwerdeform gegen meine Anwesenheit zu äußern. Meine Sprechstunden sind schlecht bis gar nicht von Interesse.
Trotz der Schwierigkeiten wird mein volles Gehalt bis heute uneingeschränkt weitergezahlt. Ich bin dankbar, dass ich in dieser Hinsicht Unterstützung erhalte, auch wenn das Verschulden für die Konflikte und die Schließungen der Gemeinden immer bei der Gemeinde selbst lag.
Meine Erfahrungen sind ein eindringliches Beispiel für die Herausforderungen, mit denen viele LGBTQ+-Personen in religiösen Gemeinschaften konfrontiert sind. Trotz der Rückschläge bleibe ich optimistisch und engagiere mich weiterhin für die Rechte und die Sichtbarkeit von Transgender-Personen. Mein Weg ist ein Aufruf zur Reflexion und zur Förderung von Akzeptanz und Liebe in allen Gemeinschaften. Ich hoffe, dass meine Geschichte dazu beiträgt, das Bewusstsein zu schärfen und Veränderungen herbeizuführen, damit niemand mehr die gleichen Erfahrungen machen muss wie ich.